Tatsächlich sind die beiden Parteichefs im „real life“ seit langem per Du. Aber im Fernsehen wird traditionellerweise gesiezt, seit Bruno Kreisky 1975 im ersten heimischen TV-Duell überhaupt seinem ÖVP-Kontrahenten Josef Taus forsch erklärte: „Tun’s mich nicht dauernd schulmeistern. Manchmal kommen S’ mir vor wie a Gouvernante“.
Spindeleggers Du im Bürgerforum war also durchaus überraschend – nicht nur für die Zuseher, sondern auch für Werner Faymann. Er war davon ebenso irritiert wie der ÖVP-Chef vom Retour-Siezen des Kanzlers. Damit habe er nicht gerechnet, sagte Spindelegger später, sie seien ja schließlich per Du, und im Fernsehen so zu tun, als wäre es nicht so, fände er seltsam.
Vor dem Start der vielen TV-Konfrontationen zur Wahl haben die beiden Koalitionsspitzen nun auf Initiative des ÖVP-Chefs ausdrücklich vereinbart, sich auch auf Sendung zu Duzen, wie in ihrem ersten DUell (bei der Konkurrenz) nun zu sehen war.
KEINER DUZT STRACHE
Besonders überhand nehmen wird das aber nicht. Der Bundeskanzler ist außer mit seinem Vize nur mit Eva Glawischnig per Du, aber im TV-Duell wird man das nicht hören. Die Grünen-Sprecherin wird Faymann ebenso siezen wie Josef Bucher, den sie im echten Leben duzt. Michael Spindelegger ist ohnehin mit allen anderen Parteichefs per Sie.
Mit FPÖ-Obmann Strache ist keiner der anderen Spitzenkandidaten per Du, weder im Fernsehen noch sonstwo, und Frank Stronach könnte ein Sonderfall werden. Er probiert es nämlich grundsätzlich mal mit Du – auch im ZiB2-Studio oder „Im Zentrum“.
In der Regierung gibt es übrigens beides: Kanzler und Vizekanzler duzen einander und alle Minister der eigenen Fraktion, aber nur sehr wenige Regierungsmitglieder beim Koalitionspartner. So sind etwa Kanzler und Finanzministerin per Sie, während sich des Kanzlers rechte Hand, Staatssekretär Ostermayer, und Maria Fekter schon seit zwanzig Jahren duzen.
Dass die Parteichefs in Koalitionen auf Du und Du sind, ist übrigens nichts Neues. Der letzte Bundeskanzler, der seinen Vize beharrlich siezte, war Franz Vranitzky, was ihm Wolfgang Schüssel übler nahm als Erhard Busek. Auch Fred Sinowatz bot Norbert Steger das Du-Wort erst lange nach der glücklosen gemeinsamen Regierungszeit an. Und Bruno Kreisky hatte das Stil-Problem nicht – er brauchte noch keinen Koalitionspartner.
Dieser Text erschien ursprünglich im Wahl-Tagebuch von orf.at.