Kurz und Wolf im ZiB2-Studio

„Wetten wir, dass es falsch ist?“

Es war eine der eher skurrileren Situationen in den vielen Jahren, die ich die ZiB2 schon moderiere und auch in meinen gar nicht so wenigen Interviews mit Sebastian Kurz.

Der Ex-Kanzler kam nach seinem erstinstanzlichen Schuldspruch wegen falscher Zeugenaussage im Ibiza-U-Ausschuss gestern live ins Studio. Kurz nach Gesprächsbeginn las ich ihm die entscheidende Stelle aus seiner Einvernahme im U-Ausschuss vor und es entspann sich der folgende – eher schräge – Dialog:
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Sebastian Kurz: Ich habe auf die Frage, ob ich eingebunden war in die Auswahl der Aufsichtsräte, habe ich gesagt, ja, das hat der Richter auch anerkannt, er habe dann nur gemeint, ich hätte das detailreicher schildern müssen. Und meiner Meinung nach ist das ungerecht, wir werden sehen, wie die zweite Instanz urteilt.

Armin Wolf: Gut. Ganz so war es nicht, die Frage, die an Sie gestellt wurde im U-Ausschuss…

Kurz: Ich kenne es, ja bitte…

Wolf: Ich habe das Protokoll hier bei mir.

Kurz: Ich auch, ich auch.

Wolf: „Haben Sie allgemeine Wahrnehmungen zur Frage, wie der Aufsichtsrat besetzt wurde? Waren Sie da selbst eingebunden?“ Ist eine Doppelfrage…

Kurz: Und ich antworte mit Ja.

Wolf: Auf die sagen Sie: „Ja, ich weiß, dass es da im Finanzministerium und im zuständigen Nominierungskomitee Überlegungen und Gespräche gab.“

Kurz: Das ist völlig falsch, das ist völlig falsch. Entschuldigung!

Wolf: Das lese ich Ihnen vom Protokoll vor.

Kurz: Nein, das ist falsch zusammenkopiert…

Wolf: Entschuldigung, das ist das Protokoll von der Parlaments-Homepage, das habe ich vor zwei Stunden heruntergeladen.

Kurz: Ich kann es Ihnen vorlesen, das ist eine andere Frage gewesen, es ist eine – ich lese es Ihnen vor – tausendprozentig, Herr Wolf, wetten wir? Wetten wir, dass es falsch ist?

Wolf: Ich weiß nicht, was Sie jetzt vorlesen. Das ist Ihre Aussage im U-Ausschuss.

Kurz: Na, wetten wir, dass es falsch ist?

Wolf: Da können Sie gerne mit mir wetten, das ist auf der Parlaments-Homepage.

Kurz: Ich kann es Ihnen vorlesen. Die Abgeordnete Krisper hat mich gefragt und Sie haben es völlig richtig vorgelesen, den Beginn: „Haben Sie allgemeine Wahrnehmungen zur Frage, wie der Aufsichtsrat besetzt wurde? Waren sie selbst eingebunden?“ Diese Frage beantworte ich mit „Ja“. Der Richter hat anerkannt…

Wolf: Und wie geht es weiter?

Kurz: Dann geht es weiter, dass ich eine allgemeine Antwort gebe, nämlich…

Wolf: Das habe ich doch gerade vorgelesen. Genau das habe ich gerade vorgelesen.

Kurz: Nein, Sie haben was anderes vorgelesen.

Wolf: Nein, habe ich nicht.

Kurz: Na, lesen Sie noch einmal Ihren Teil vor.

Kurz und Wolf im Studio - mit Link zum TVthek-Video

Wolf: „Haben Sie eine allgemeine Wahrnehmung zur Frage wie der Aufsichtsrat besetzt wurde? Waren Sie das selbst eingebunden?“

Kurz: Ja.

Wolf: „Sebastian Kurz: ‚Ja, ich weiß, dass es da im Finanzministerium und im zuständigen Nominierungskomitee Überlegungen und Gespräche gab.‘“
Und dann geht der Absatz weiter…

Kurz: Wie geht es dann weiter, wie geht es dann weiter?

Wolf: Ich kann jetzt nicht die ganze Antwort vorlesen, aber Sie haben nirgendwo gesagt, dass Sie eingebunden waren.

Kurz: Schauen Sie, der Richter hat selbst anerkannt, dass ich die Frage mit Ja beantwortet habe, also dass ich, das hat der Richter gesagt – darf ich es nur fertig zu Ende führen… Ich gebe dann eine sehr allgemeine Antwort und am Ende unterbricht mich die Abgeordnete Krisper mit den Worten: „Ich habe Sie nicht nach dem Regelfall gefragt“. Und der Vorsitzende unterbricht dann wiederum mich und sagt: „Die Zeit ist aus, zweite Runde“. Das heißt ich hatte nicht…

Wolf: Auch das ist falsch, Herr Kurz. Der Vorsitzende Sobotka hat nicht Sie unterbrochen, sondern die Frau Krisper, und hat an den nächsten Abgeordneten weitergegeben. Und Sobotka hat zu Ihnen noch ausdrücklich später im U-Ausschuss gesagt: „Du“ – Sie gemeint – „Du hast keine Redezeit, Du kannst so lange reden wie Du willst.“

Kurz: Aber die Frau Abgeordnete Krisper hat mich unterbrochen, das sehen Sie doch in Ihrem Protokoll, das heißt, lassen Sie mich nur, Sie haben Ihre Wahrnehmung, ich habe meine.

Wolf: Ich habe ein Protokoll des U-Ausschusses.

Kurz: Ich habe es genauso vor mir liegen.

Wolf: Das glaube ich nicht, Sie haben einfach zwei zusammenkopierte Absätze, ich habe das Protokoll vor mir liegen.

Kurz: Nein, wir haben genau dasselbe anscheinend.
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Das war fürs Publikum vermutlich eher anstrengend, aber sagen wir so: Wettkönig ist Sebastian Kurz gestern nicht geworden.

 


Faksimile des zitierten Protokolls

Das Ausschuss-Protokoll gibts online, es ging um diese Stelle auf Seite 20 unten und 21 oben. Und die Passage, in der Sobotka darauf hinweist, dass für Kurz keine Redezeit-Beschränkung gilt, findet sich auf Seite 74 ganz unten.