Armin WolfKategorie: BlogLesezeit: 8 Minute(n)https://www.arminwolf.at/2025/02/20/die-sache-mit-dem-auftrag/Die Sache mit dem “Auftrag”
ÖVP und SPÖ sind nun offenbar dabei, sich doch noch auf eine gemeinsame Koalition zu einigen. Es wäre erst die zweite Regierung seit 1945, die ohne einen offiziellen Auftrag des Bundespräsidenten zur Regierungsbildung entsteht.
Dieser Auftrag ist ja eine interessante Sache.
In der Bundesverfassung existiert er nämlich nicht. Dort steht über die Bildung der Regierung nur ein einziger Satz: „Der Bundeskanzler und auf seinen Vorschlag die übrigen Mitglieder der Bundesregierung werden vom Bundespräsidenten ernannt.“
Dass der Präsident den späteren Bundeskanzler oder die Kanzlerin “mit der Regierungsbildung beauftragt“ ist nirgendwo vorgesehen, sondern lediglich eine politische Tradition, eine „Usance“. In den letzten Wochen sind gleich zwei Politiker an dieser Tradition gescheitert – Karl Nehammer und Herbert Kickl. Aber das ist wirklich selten. Davor ist das in achtzig Jahren Zweiter Republik und nach 24 Nationalratswahlen auch nur zwei Mal passiert.
Das erste Mal ist schon sehr lange her – und es ist ein besonders interessanter Fall, weil er zeigt, wie einflussreich der Bundespräsident bei einer Regierungsbildung sein kann. Oder zumindest sein konnte.
Armin WolfKategorie: BlogLesezeit: 4 Minute(n)https://www.arminwolf.at/2025/02/13/wer-wird-regieren-keine-ahnung/Wer wird Österreich regieren? Keine Ahnung
Ich geb´s auf und melde mich hiermit offiziell aus dem Prognose-Business ab. Ich kann es offensichtlich nicht.
Dabei dachte ich, dass ich nach mehr als 30 Jahren journalistischer Erfahrung in der heimischen Politik die Rahmenbedingungen, Interessen und Akteur·innen halbwegs qualifiziert einschätzen kann. Deshalb hatte ich vor der Nationalratswahl hier im Blog ausführlich erklärt, warum der nächste Bundeskanzler mit größter Wahrscheinlichkeit wieder Karl Nehammer heißen wird. Und nach dem spektakulären U-Turn der ÖVP Anfang Jänner, dass es — immerhin: “Stand heute” — Herbert Kickl sein wird.
I rest my case.
Ganz offensichtlich habe ich die Rolle von Rationalität und Logik in der österreichischen Politik maßlos überschätzt und als Trost bleibt mir nur, dass es dem Professor — Peter Filzmaier nämlich, auf dessen Urteil ich sehr vertraue — sehr ähnlich geht.
Fakt ist: Nach jeder Logik hätten die “Dreiko”-Verhandlungen zu einer gemeinsamen Regierung führen müssen, weil jede der drei Parteien regieren wollte und jede durch das Scheitern ihre Position verschlechtert hat. Für SPÖ und Neos hieß es weiter Opposition, für die ÖVP Juniorpartner statt Kanzlerpartei. Und selbst diese Option blieb ihr nur, weil sie über Nacht ihr zentrales Wahlversprechen — keine Regierung mit Kickl — in die Luft gesprengt und ihren Parteichef geopfert hat. Ich hatte das nicht erwartet.
Armin WolfKategorie: BlogLesezeit: 5 Minute(n)https://www.arminwolf.at/2025/02/02/50-jahre-zib2/50 Jahre ZiB2
Am 3. Februar 2025 feiert die ZiB2 ihren 50. Geburtstag — und ist damit das älteste tägliche Nachrichtenmagazin im deutschsprachigen Fernsehen. Die ARD-Tagesthemen und das heute-journal des ZDF starteten erst Anfang 1978, also knapp drei Jahre später, und das Schweizer Pendant 10 vor 10 überhaupt erst 1990.
Der Falter nennt die ZiB2 in seiner jüngsten Ausgabe „Österreichs wichtigste Nachrichtensendung“ — und das aktuelle TVmedia schreibt: “1975 war sie noch ein Experiment, heute ist die ZiB2 das spannendste News-Format im TV.“ Was uns naturgemäß freut.
Zu Beginn war die Sendung tatsächlich ein Experiment — ich habe zum 40. Geburtstag hier im Blog ein bisschen was zur Entstehung und zur Geschichte der Sendung geschrieben, auch mit historischen Bildern. (Und hier noch ein Text über Robert Hochner, der die ZiB2 als Moderator von 1979 bis zu seinem schrecklich frühen Tod im Jahr 2001 geprägt hat wie niemand sonst.)
Aber in keinem Jahrzehnt der ZiB2-Geschichte ist so viel passiert wie in den letzten zehn Jahren, seit unserem 40. Geburtstag: Flüchtlingsströme, IS-Terror, Brexit, Trump, Pandemie, Wirtschaftskrise, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Rekordinflation, der 7. Oktober in Israel, Gaza-Krieg, Trumps Comeback — und über allem die Klimakrise.
In Österreich hieß 2015 der Kanzler noch Faymann, bald Kern, Kurz, Bierlein, nochmal Kurz, Schallenberg, Nehammer, wieder Schallenberg und demnächst wohl Kickl. 2016 wurde der Bundespräsident gleich drei Mal gewählt, 2017 auf Ibiza zu viel getrunken, 2018 der Verfassungsschutz gestürmt, mehrere Jahre lang tippte ein Spitzenbeamter rund 300.000 Chat-Nachrichten in sein Handy und ein vermeintlicher Immobilien-Milliardär ging spektakulär bankrott.
Doch auch in der ZiB2 hat sich sehr viel getan: Vom Sendungsteam, das ich zum 40er beschrieben habe, sind zehn Jahre später noch genau zwei Personen in der Redaktion: Chef vom Dienst Johann „Ulli“ Ullmann und ich. Alle anderen aktuellen Kolleg·innen sind später zu uns gestoßen, von Redaktionsleiter Christoph Varga (2018) über die Moderator·innen Martin Thür, Margit Laufer und Marie-Claire Zimmermann (als Rückkehrerin — „MC“ hat schon von 2007 bis 2010 mit mir moderiert) bis zu den Reporter/Producer·innen Peter Babutzky, Sinan Ersek, Madeleine Gromann, Patrick Gruska, Harald Jungreuthmayr und Regina Pöll. Zum 50er habe ich für das Team letzte Woche T-Shirts besorgt, mit einem Slogan, den ich von der amerikanischen Daily Show ausgeliehen hatte: „THE BEST FU#@ING NEWS TEAM EVER“. Weil‘s wahr ist.
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