Ich hatte in den letzten Tagen einen wirklich interessanten Mail-Wechsel mit einem ZiB2-Seher, aus dem man, denke ich, einiges lernen kann, wenn man denn will.
Nach einem ZiB2-Beitrag zum Thema Flüchtlinge schrieb mir Herr P. ein sehr langes Mail, das mit diesen Absätzen endete:
Herr Dr. Wolf, ich habe vor einigen Tagen in der Gemeinde XY in einem Gasthaus, in dem ich oft schlafe und auch esse, von Leuten gehört, dass in die Gemeindebauten (Siedlungs-Genossenschaft) Füchtlinge einziehen werden! In einem Fall soll es eine ganz schlimme Sache geben!
Eine körperbehinderte Mindestpensionistin die zwei Kinder aufgezogen hat – der erste hat die Meisterprüfung gemacht, ist in Arbeit und sehr fleißig und beliebt; der zweite ist kurz vor der Lehrabschlussprüfung und in der Firma und im Dorf recht beliebt – muss aus ihrer Wohnung ausziehen, weil sie diese Wohnung mit der Mindestpension nicht mehr halten kann. Die Küche wird herausgerissen, weil Flüchtlinge in einer Küche nicht kochen können, wo Schweinefleisch zubereitet worden ist und die Toiletten werden ebenfalls herausgerissen, weil Flüchtlinge nicht auf eine Toilette gehen, auf der eine Frau gesessen hat! Ich spare mir meinen Kommentar!
Helfen ist wichtig! Man soll es aber mit Verstand machen!
Daraufhin habe ich Herrn P. unter anderem zurückgeschrieben:
Was die Sache mit der Siedlungsgenossenschaft betrifft: Ich gehe jede Wette beliebiger Höhe mit Ihnen ein, dass die Geschichten mit der Küche und den Toiletten frei erfunden sind. Wie solche absurden Gerüchte zustande kommen, hat Kollege Klenk vom FALTER gerade erst heute in seiner Heimatgemeinde Eichgraben erfahren (und auf seiner Facebook-Seite beschrieben).
Ich bin hundertprozentig überzeugt, dass die Geschichte mit der Wohnung ganz genau so entstanden ist.
Nach einigen Tagen hat Herr P. gestern Abend geantwortet:
Ich bin nach XY gefahren, in das besagte Haus gegangen und habe mich direkt informiert! Sie hatten 100%ig recht!
Das Gerücht ist folgend entstanden:
1. Die körperbehinderte Frau wollte ins Altenheim.
2. In ihre Wohnung sind bereits Flüchtlinge eingezogen.
3. Küchen wurden eingebaut, aber die alten Küchen wurden nicht entfernt. Es gab in diesen Leerständen keine Küchen.
Im Dorf hat man gesehen, dass die körperbehinderte Frau ins Altenheim gezogen ist und in ihre Wohnung Flüchtlinge eingezogen sind und auch, dass neue Küchen eingebaut worden sind.
Diese Geschichte hat Leute dazu bewogen zu dichten! Ich bin darauf hineingefallen, weil mir dieses von der Wirtin – bei der ich oft übernachte – gesagt worden ist!
Es tut mir leid, dass ich ein so schwerwiegendes Gerücht weitergetragen habe. Ich wollte es wissen und bin daher 250 km gefahren, um dieses entweder bestätigt zu bekommen oder ich mich entschuldigen muss, weil ich so etwas weiter getragen habe.
Meine Antwort heute:
Sehr geehrter Herr P., vielen Dank für Ihr Mail, das mich wirklich sehr freut! Zum einen freut mich, dass die Geschichte nicht stimmt. Vor allem aber finde ich sehr beeindruckend, dass sie sich die Mühe gemacht haben, die Geschichte zu hinterfragen – und mir das nun auch zu schreiben!
Würden sie mir gestatten, diesen Fall – natürlich anonymisiert – auf meiner Facebook-Seite zu beschreiben?
Und seine Reaktion:
Ich freue mich über Ihre Antwort! Selbstverständlich können und dürfen Sie das veröffentlichen!