Alle Beiträge von Armin Wolf

Geboren am 19. August 1966 in Innsbruck. Studium der Politikwissenschaft (mit einer Fächerkombination aus Zeitgeschichte, Soziologie und Erwachsenenbildung) in Innsbruck und Wien. Sponsion 2000, Promotion 2005. Postgraduate-Studium Business Administration in Berlin, MBA 2010. Seit 1985 ORF-Journalist. Ab 2002 Moderator der ZiB2, seit 2010 auch stellvertretender Chefredakteur der TV-Information.

„Bleiben wir bei der Wahrheit“

Das war ein relativ ungewöhnliches Interview mit Harald Vilimsky, dem FPÖ-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl gestern in der ZiB2. Ungewöhnlich vor allem deshalb, weil mich interessiert hat, wann und warum sich die FPÖ-Positionen zu verschiedenen Themen geändert haben. Aber fast jedesmal, wenn ich Herrn Vilimsky mit einer früheren Aussage konfrontierte, bestritt er einfach die Korrektheit des Zitats. (Siehe das vollständige Transkript unten.)

Weil ich das schon aus einigen Interviews mit FPÖ-Politikern kenne (z.B. mit Herrn Strache oder Herrn Mölzer), bereite ich mich darauf noch detaillierter vor als sonst. Ich hatte also alle Zitate ausgedruckt vor mir, das Tweet von 2016 haben wir während des Interviews eingeblendet und zum SPIEGEL-Interview mit Marine Le Pen hatte ich vor der Sendung noch eigens den Interviewer angerufen, um mich zu vergewissern, dass es diese Aussage auch auf Tonband gibt.

Ganz nachvollziehbar war mir die Gesprächstaktik von Herrn Vilimsky ja nicht.

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„Man kann den ORF auch totsparen“

Diese Woche wurden in Wien die „Journalist*innen des Jahres“ 2018 ausgezeichnet (hier alle Preisträger*innen) – und ich habe in meiner Dankesrede kurz über die aktuelle Lage des ORF gesprochen. Der KURIER hat das etwas dramatisch „Abrechnung mit der Regierung“ genannt. Das ist der Text im Original-Wortlaut:


Ich freue mich ganz besonders, dass auch dieses Jahr wieder der ORF die „Redaktion des Jahres“ geworden ist. Das zeigt nicht nur, dass der ORF sehr viele Journalistinnen und Journalisten hat, sondern vor allem sehr, sehr gute. Einige davon wurden heute hier ausgezeichnet, aber es gibt noch sehr viele mehr.

Das Personal im ORF interessiert ja auch die Regierung ganz besonders. Was man auch daran merkt, dass seit dem Antritt der neuen Koalition vor gut einem Jahr im Fernsehen der Chefredakteur abgelöst wurde, alle Sendungsverantwortlichen der Zeit im Bild-Sendungen ausgetauscht und zwei neue Channel Manager installiert worden sind.

Ich habe die begründete Vermutung, dass das nicht in allen Fällen ein zufälliges zeitliches Zusammentreffen war.

Auch über das neue ORF-Gesetz, das derzeit verhandelt wird, weiß man bisher nur eines praktisch fix: Statt eines Allein-Geschäftsführers wird es einen Vierer-Vorstand geben. Und wie der aussehen wird, wurde uns gerade in der Nationalbank vorgeführt: Es werden zwei Schwarze oder Türkise sein und zwei Blaue.

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„Wir sind nicht im Krieg. Wir sind an der Arbeit.“

Im Kölner Radiosender WDR5 hat Moderatorin Anja Backhaus dieser Tage für die Sendung Neugier genügt ein recht ausführliches Gespräch mit mir geführt – über Journalismus, Interviews, den Umgang mit Populisten und Social Media. Das Interview (ca. 25 min) kann man hier nachhören:

Screenhot der WDR5-Homepage mit Link
Der Titel oben ist übrigens – wie man im Gespräch erfährt – ein Zitat von Marty Baron, dem Chefredakteur der WASHINGTON POST.

Inside the White House

Sehr gut gemachte Animation, wie es im Weißen Haus aussieht.
Sehr viele Menschen glauben ja zum Beispiel, das berühmte „Oval Office“ des Präsidenten wäre in der halbrunden Mitte des Gebäudes, die man so oft im Fernsehen sieht. Tatsächlich liegt es ein gutes Stück links davon im „West Wing“, also im Westflügel (deshalb hieß auch die US-Fernsehserie so).

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Gemartert von „Österreich“

Durch nichts lernt man mehr über Journalismus, als wenn über einen selbst berichtet wird. Und da ich seit etlichen Jahren regelmäßig im Fernsehen auftauche, wird über mich immer wiedermal berichtet. Nirgendwo aber so viel wie in der Tageszeitung „Österreich“ bzw. deren Online-Ableger oe24.

Ich habe ja den Verdacht, die beschäftigen dort einen eigenen Praktikanten für mein Twitter-Account, der aus jedem dritten meiner Tweets eine „Geschichte“ macht, egal wie banal oder lächerlich. Offenbar klickt das ganz gut, eine andere Erklärung dafür finde ich nicht. Eine kleine Auswahl:

oe24-Schlagzeilen

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Die Erfindung des bösen George Soros

In dieser lesenswerten Recherche zeigt der Schweizer Reporter Hanns Grassegger, wie zwei Politikberater aus den USA „das Monster George Soros“ erfunden haben – für einen ungarischen Wahlkampf, in dem Viktor Orban sonst keine Gegner mehr hatte. Heute ist der Milliardär und Philantrop Soros als jüdischer „Spekulant“ und angeblicher Hintermann aller möglichen Verschwörungen ein Lieblingsthema von Rechtsextremen in aller Welt.

Die beiden Politikberater Arthur Finkelstein (2017 verstorben) und George Birnbaum haben übrigens im Nationalrats-Wahlkampf 2017 auf Vermittlung von Tal Silberstein für die SPÖ gearbeitet. Was auch deshalb bemerkenswert ist, weil Finkelstein als einer der berüchtigsten republikanischen Spin Doktoren Amerikas gilt, der sonst praktisch ausschließlich (sehr) rechte Politiker beriet.


Screenshot mit LinkTAGESANZEIGER – DAS MAGAZIN, 15.1.2019

Kinder, wie die Zeit vergeht…

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Die SPIEGEL-Affäre

In seiner aktuellen Ausgabe, die am Samstag in die Läden kommt, widmet der SPIEGEL der Fälschungsaffäre im eigenen Haus eine Titelgeschichte von 23 Seiten. Neben der großen (viel gelobten aber auch heftig kritisierten) Rekonstruktion des Falles, die bereits am Mittwoch online erschienen ist, werden auch neue Details erzählt, wie der Betrug letztlich aufgeflogen ist – und mit welchem Aufwand Claas Relotius versucht hat, seine Kollegen zu täuschen. „Es ist schlimmer als jeder Albtraum“, textet seine Vorgesetzte nach dem ersten Geständnis des vermeintlichen Star-Reporters an die Chefredaktion.

Sehr spannend ist ein Text von Juan Moreno, der die ersten Fälschungen redaktionsintern aufgedeckt hat und dabei wochenlang gegen „dicke, solide Betonwände, SPIEGEL-Qualität gewissermaßen“ gerannt ist. Sein Fazit: „Hätten meine Chefs anders reagieren müssen? Ja, vermutlich. Hätte ich an ihrer Stelle anders reagiert? Nein, vermutlich nicht.“

Lesenswert auch ein Gespräch mit Giovanni di Lorenzo, dem Chefredakteur des großen Konkurrenten ZEIT, der die SPIEGEL-Redaktion ziemlich scharf kritisiert: „Diese Geschichten waren von einer Glätte, Perfektion und Detailbesessenheit, dass es einige von uns nicht glauben konnten. […] Warum gehen nicht irgendwann mal die Alarmglocken an?“

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Was für ein Super-GAU

Claas Relotius war bis gestern Mittag ein Star. Jedenfalls unter deutschen Journalisten. Der erst 33-jährige SPIEGEL-Reporter wurde in den letzten Jahren gleich vier Mal mit dem renommierten Deutschen Reporterpreis ausgezeichnet, von CNN als „Journalist of the Year“ gewürdigt und mit dem „European Press Prize“ geschmückt. Heute weiß man: Der allseits populäre Shooting Star ist nicht nur ein außergewöhnlich begabter Schreiber. Er ist auch ein Betrüger.

Mindestens 14 der 55 Artikel, die Relotius im SPIEGEL veröffentlicht hat, sind zumindest teilweise erfunden. Das hat er jedenfalls bisher zugegeben, vielleicht waren es noch deutlich mehr, möglicherweise auch frühere Texte für die NZZ, die FAZ, das SZ-Magazin oder den TAGESSPIEGEL.

Dass ausgerechnet im SPIEGEL so etwas passieren konnte, erschüttert seit gestern die gesamte deutsche Medienbranche.

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