Gestern Abend war Gustav Kuhn zu Gast im ZiB2-Studio, der Gründer und langjährige Leiter der Festspiele Erl, dem mehrere Künstlerinnen sexuelle Belästigung vorwerfen und mehrere ehemalige Mitarbeiter massive Übergriffe während der Arbeit. (In der TVthek kann man das Interview noch sieben Tage lang nachsehen.)
Auf Twitter haben das manche Zuseher kritisiert: „Nicht der Täter braucht eine Plattform, auf der er gehört wird, sondern die Opfer“, hieß es etwa – oder: „Diesem Herrn die Möglichkeit zur Selbstdarstellung zu geben, halte ich nicht für die beste Idee.“
Wir haben das in der Redaktion vor der Sendung ausführlich diskutiert. Nach den bisherigen Stellungnahmen seines Anwalts (der schon im Sommer Gast im Studio war) war zu erwarten, dass Kuhn im Gespräch alle Vorwürfe abstreiten würde, was natürlich sein gutes Recht ist. Aber der Anwalt hatte darüberhinaus den Frauen unterstellt, sie würden ihre Vorwürfe aus Revanche erfinden. Sie alle hätten in Erl ihre Engagements verloren – natürlich nicht, weil sie Kuhns Avancen verweigert hätten, sondern aus mangelndem Können (was wiederum die Frauen bestreiten). Sollten wir dieser Argumentation neuerlich „eine Bühne bieten“?