Das ist der wohl einflussreichste Text, der bisher zur Pandemie veröffentlicht wurde. Autor Tomas Pueyo hat mit einem Titel einer Strategie den Namen gegeben, die in den letzten Monaten von Politiker*innen in weiten Teilen der Welt verfolgt worden ist: Zuerst mit massiven Einschränkungen des Alltagslebens – dem „Hammer“ – die Ausbreitung des Virus soweit wie möglich herunterdrücken und dann – im „Tanz“ – die Maßnahmen soweit lockern und notfalls wieder anziehen, dass die „Reproduktionsrate“ nicht mehr steigt.
Der ursprünglich englischsprachige Text ist in der deutschen Übersetzung hier verlinkt.
Der 38jährige Pete Buttigieg aus Indiana ist bisher der Überraschungskandidat in den Vorwahlen der US-Demokraten. Buttigieg hat eine interessante Biografie: Professoren-Kind, Harvard- und Oxford-Absolvent, Afghanistan-Veteran, McKinsey-Berater und mit Ende 20 Bürgermeister in seiner 100.000-Einwohner-Heimatstadt. Er ist hocheloquent, offensichtlich gebildet, der einzige offen schwule Kandidat und politisch moderat. Dabei war er mal ein großer Bernie Sanders-Fan, wie einer seiner ehemaligen Harvard-Professoren in diesem sehr langen, aber sehr lesenswerten Portrait erzählt. Jedenfalls der interessanteste Text, den ich bisher über Buttigieg gelesen habe.
Armin WolfKategorie: Lesezeichenhttps://www.arminwolf.at/2020/02/16/was-die-nyt-aus-2016-lernt/Was die New York Times aus 2016 lernt
Diesmal kein Lesezeichen, sondern ein Hörbeispiel. Die NEW YORK TIMES betreibt etliche hörenswerte Podcasts, der bekannteste ist aber THE DAILY, der üblicherweise in Gesprächen mit den Journalist*innen der Zeitung Hintergründe zur aktuellen Nachrichtenlage liefert. In dieser Folge ist es jedoch ein ausführliches und sehr hörenswertes Interview mit NYT-Chefredakteur Dean Baquet über die Lehren, die die Redaktion im Wahljahr 2020 aus der letzten Präsidentenwahl von 2016 zieht. Ein sehr reflektiertes und auch selbstkritisches Gespräch.
Das ist eine ziemlich erschreckende Recherche über die Wahlkampf-Taktiken des Trump-Teams im Internet – von zigtausenden, nur minimal unterschiedlichen Facebook-Werbespots, die gleichzeitig an Millionen Menschen geschickt werden, über „Zensur durch Lärm“ und die konzertierte Diffamierung kritischer Journalist*innen bis zum Einsatz erfundener Online-Lokalmedien. (Danke für den Hinweis, Ingrid Brodnig!)
Eine ausführliche Sammel-Besprechung mehrerer neuer Bücher über Journalismus und den düsteren Zustand der Medienbranche in den USA, wo es heute um fast zwei Drittel weniger Tageszeitungs-Journalist*innen gibt als vor dreißig Jahren, so sich die Auflage der Tageszeitungen in den letzten fünfzig Jahren fast halbiert hat (während die Bevölkerung um die Hälfte gewachsen ist) und wo Google alleine vier Mal so hohe Werbeeinnahmen hat, wie die gesamte Zeitungsbranche.
Wenn der US-Präsident eine Rede hält, sieht man links und rechts vor ihm zwei durchsichtige Glasplatten auf einem Ständer – sein Teleprompter, von dem er den Text seiner Rede abliest. Die meisten Politiker tun das auch – Donald Trump improvisiert. Großartige Reportage über den Mann, der Trumps Teleprompter bedient:
Ein gutes Jahr nach der Reotius-Affäre hat der SPIEGEL heute neue Redaktions-„Standards“ veröffentlicht, die ab sofort für alle Mitarbeiter*innen gelten. 74 sehr lesenswerte Seiten, in denen im Detail beschrieben wird, wie SPIEGEL-Geschichten recherchiert, aufgeschrieben und überprüft werden sollen und wie die Redaktion künftig mit Fehlern umgehen will. Ich kenne keine Redaktion in Österreich, die derart ausführliche Leitlinien für ihre Arbeit hat.
Leider denken wir ja alle nicht annähernd so logisch, wie wir gerne glauben. Sogenannte Biases führen dazu, dass wir ganz unterschiedlich mit Informationen umgehen. Diese Grafik zeigt sehr hübsch und übersichtlich die 50 häufigsten dieser „Verzerrungen“. (Danke für den Hinweis, Dirk von Gehlen!)
Armin WolfKategorie: Lesezeichenhttps://www.arminwolf.at/2019/12/09/charmeur-luegner-wirrkopf-stratege/Charmeur, Lügner, Wirrkopf, Stratege – Wer ist Boris Johnson?
Das ist ein sehr lesenswertes, langes Porträt des britischen Premierministers Boris Johnson – geschrieben von einem ehemaligen Oxford-Studienkollegen:
Armin WolfKategorie: Lesezeichenhttps://www.arminwolf.at/2019/12/03/alles-was-sie-ueber-impfen-wissen-muessen/Alles, was Sie über Impfen wissen müssen
Auch dieses Jahr durfte ich wieder Juror beim renommierten Deutschen Reporterpreis sein – und erstmals war unsere Gruppe nicht nur für das Thema „Investigation“, sondern auch für „Wissenschaftsreportage“ zuständig.
Dazu haben wir acht – von einer Vorjury nominierte – exzellente Texte gelesen und eine fantastische Recherche aus dem Wissenschaftsbetrieb mit dem diesjährigen Reporterpreis ausgezeichnet. Sie finden alle acht Beiträge hier, der Siegertext „Wunschdenken“ von Patrick Bauer, Patrick Illinger und Till Krause aus dem SZ-Magazin beginnt auf Seite 76.
Mein persönlicher Favorit war allerdings ein Artikel von Vivian Pasquet aus GEO über die Impf-Debatte der letzten Jahre. Er ist für mich ein fast ideales Stück Journalismus: Ein großartiges Stück Aufklärung, das trotzdem nie belehrend ist, sich interessiert und auch empathisch Skeptikern und Kritikern nähert, eigene Zweifel thematisiert und aus dem man mit jedem Absatz klüger wird, bis man sich am Ende denkt: Jetzt kenne ich mich aus.
GEO, 21.3.2019
Armin Wolf ist Journalist und TV-Moderator. Sein Blog befasst sich v.a. mit Medien und Politik.
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